Überblick über die Entstehung der Krippen
Wenn die früher einbrechende Dunkelheit durch Lichterketten in den Straßen erhellt wird, mancherorts auf Plätzen Weihnachtsbäume und Marktstandln aufgestellt werden und die Luft mit dem Geruch von Glühwein und Kiachln durchsetzt wird, kann der Advent bzw. Weihnachten nicht mehr weit entfernt sein. Doch nicht nur die Dörfer und Städte werden dekoriert und herausgeputzt, sondern auch in vielen Häusern wird das Mobiliar um einen Gegenstand in dieser Zeit erweitert. In vielfältigen Varianten werden sogenannte „Krippen“ in den eigenen Räumen aufgestellt. Diese Tradition konnte ich schon als Kleinkind bei den Großeltern, bei manchen – vielleicht auch aufgezwungenen – Krippenausstellungen oder anderorts wie in Kirchen, Gasthäusern oder sonstigen öffentliche Plätze miterleben.
Eine Volksweisheit besagt „Einmal ist keinmal und zweimal war schon immer“. Doch woher kommt dieses „schon immer“ bei den Krippen? Um es vorweg zu nehmen: eine fixe Jahreszahl kann hierzu nicht genannt werden. Die Entstehung der Krippe ist eher als eine langwierige Entwicklung anzusehen.
Als erster Bezug wird in der einschlägigen Literatur einheitlich auf das Lukasevangelium (Weihnachtsevangelium) verwiesen. In diesem legt die Mutter Maria das neugeborene Kind in eine Futterkrippe. Sprachlich kann das Wort vom lat. praesaepe (=„Gehege“, „Stall“) und saepio („umzäunen“, „einfrieden“) bzw. dem griechischen φάτνη (=„Futtermulde“) abgeleitet werden.
Bereits ab dem 4. Jahrhundert wurde die schriftliche Ausführung des Lukasevangelium durch Bilder, die die Geburt Christi zeigten, in den Katakomben Roms nachgezeichnet. Etwas später stellen Personen diese Darstellungen in den Kirchen nach, um die christliche Gemeinde auf Weihnachten vorzubereiten. Ursprünglich von Kirchen als religiöse Veranstaltung organisiert, verbreitete sich diese Darstellung ab dem 10.Jh. schrittweise in ganz Europa und nahm zunehmend einen volkstümlichen Charakter an.
Neben diesen bereits frühen Versuchen, die Bevölkerung auf Weihnachten vorzubereiten, wird insbesondere dem Jahr 1223 eine maßgebliche Bedeutung anberaumt. In diesem Jahr hielt der von einer Ägyptenreise zurückgekehrte St. Franziskus von Assisi (inzw. Heilig gesprochen) in einer Höhle nahe dem Kloster von Greccio seine berühmte Weihnachtspredigt. Inspiriert von seiner Reise oder den zwischenzeitlichen drei Jahren in Rom stellte er eine Futterkrippe auf, um die er einen Esel und einen Ochsen gruppierte. Diese bildhafte Darstellung wird oft als Ursprung der Krippen genannt und der Hl. Franziskus von Assisi als „Vater der Krippen“ bezeichnet.
Einen weiteren Punkt in der Entwicklung zur heutigen Krippe stellen die gotischen Schnitzaltäre dar. In diesen wird die Geburt Jesu mit geschnitzten Holzfiguren, die jedoch noch fix in das Altarbild eingebunden sind, gezeigt.
Eine Zusammenfassung dieser beiden Aspekte - die frei arrangierbare Darstellung mittels Personen und Tieren, sowie die Ausarbeitung des Themas mittels geschnitzter Figuren – in Form von hölzernen Krippenbauten wurde nach der Reformationszeit speziell von den Jesuiten aufgegriffen. Diese, als Andachts- und Lehrgegenstand verwendeten Krippen verbreiteten sich schnell in den Kirchen ganz Europas und waren ab Anfang des 18. Jh auch in manchen Schlössern und Häusern zu finden. In unserer näheren Umgebung machten sich die Südtiroler Schnitzer mit ihren Arbeiten einen Namen. Aber auch ein Sohn des Zillertals, der Schnitzers Franz Xaver Nißl, ist mit seiner „Nißl-Krippe“ hier zu erwähnen.
Ende des 18. Jh. erfolgte dann der endgültige Einzug der Krippen in die Bürger- und Bauernhäuser. Dies wurde insbesondere von der bäuerlichen Bevölkerung mit großen Interesse verfolgt und auch mit eigenen Krippenbauten umgesetzt. Zu verdanken ist diese Entwicklung der Zeit der Aufklärung und der damit verbundenen Säkularisation, die die Krippen aus den Kirchen verbannte. In Österreich geschah dies in der Regierungszeit von Kaiserin Maria-Theresia.
Somit kann man zusammenfassen, dass die Entwicklung von den ersten krippenähnlichen Darstellung bis zum Einzug der Krippen in den Privathäusern ca. 1500 Jahre dauerte. Allen einzelnen Phasen gemein ist die Bedeutung, die Bevölkerung auf Weihnachten und die Geburt Christi hinzuführen.
Neben dieser nur im Zeitmaß angeführten Entstehung ergaben sich immer wieder Änderungen hinsichtlich der Besetzung. Begonnen wurde mit der Darstellung einer einfachen, zumeist als Futter-„Krippe“ ausgearbeiteten Liegestätte für das Jesuskind, die von Tieren, evtl. auch noch von Hirten umringt wird. Insbesondere vom Hl. Franziskus von Assisi wird die einfache Form der Futterkrippe herangezogen, um den Zuhören zu erläutern, dass Jesus dem einfachen Volk entstammt. Die weitere Heilige Familie, zuerst Maria, später auch Josef kamen erst später hinzu. Zu guter Letzt gesellten sich auch die drei Weisen aus dem Morgenland zu den bereits bestehenden Figuren.
Auch die Motive und Illustrierung der Krippe unterlagen einem Wandel der Zeit. Aus den einstigen Höhlen- der Stallkrippen wurde besonders in den von der ländlichen Bevölkerung erzeugten Krippen die eigene Umgebung (Gebirgslandschaften, Baustruktur) in den Ausführungen berücksichtigt. Ab Mitte des 19. Jh. kam neben der Heimatkrippe immer mehr die orientalische Krippe in Mode. Heutzutage gibt es vielfältige Formen und Varianten - von einfachen Figurenkrippen bis zu Großlandschaften, erstellt aus den unterschiedlichsten Materialien.
Abschließend ist noch zu erwähnen, dass es neben diesen Weihnachtskrippen auch noch die „Ganzjahreskrippen“ sowie Passions- oder Fastenkrippen gibt.
Nach dieser kurzen Reise durch die historische Entwicklung der Krippe, die absichtlich keinen mit Jahreszahlen gespickten Geschichtsunterricht darstellen soll, werde ich als Abschluss die mit Lichterketten geschmückte Stadt besuchen und nicht nur den Duft von Kiachln und Glühwein genießen.
Michael Gruber v/o EB Sokrates, ABI
Autor
Veröffentlicht:
15. Dezember 2017
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